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Kamelhalsfliege existiert bereits seit über 66 Millionen Jahren – warum das so ist, analysiert ein Forschungsteam unter Beteiligung von LOEWE-TBG mithilfe von Genomsequenzierung

Die erste vollständige Entschlüsselung des Erbguts der Schwarzhalsigen Kamelhalsfliege (Venustoraphidia nigricollis) ermöglicht neue Einblicke in die Evolution dieser „lebenden Fossilien“.
© Harald Bruckner
Die erste vollständige Entschlüsselung des Erbguts der Schwarzhalsigen Kamelhalsfliege (Venustoraphidia nigricollis) ermöglicht neue Einblicke in die Evolution dieser „lebenden Fossilien“.

Die sogenannte Kamelhalsfliege, die auch in Europa verbreitet ist, wurde 2022 zum „Insekt des Jahres“ gekührt. Dass das Tier schon zu Zeiten der Dinosaurier lebte, zeigen Fossilien. Da sich nach der Kreidezeit die klimatischen Bedingungen auf der Erde extrem veränderten, überlebten nur Arten, die sich an die kälteren Temperaturen anpassen konnten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, der Universität Wien und des LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) untersuchten für eine Studie, die in der Fachzeitschrift „Journal of Heredity“ veröffentlicht wurde, das Erbgut der Schwarzhalsigen Kamelhalsfliege (Venustoraphidia nigricollis). „Die Daten des filigranen Insekts wurden im Laborzentrum des hessischen LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik erhoben, das bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt am Main angesiedelt ist.“ Damit existiert nun noch ein weiteres der wenigen Referenzgenome der Netzflügelartigen. Mithilfe der Ergebnisse soll nachvollzogen werden, welche genetischen Anpassungen dazu geführt haben, dass die Tierart den Asteroideinschlag sowie die klimatischen Veränderungen am Ender der Kreidezeit überlebt hat.

„Die Ergebnisse erlauben nun, die stammesgeschichtliche Analyse der Kamelhalsfliegen unter deutlich verbesserten Rahmenbedingungen weiter zu erforschen“, berichtet Professorin Dr. Ulrike Aspöck, Entomologin an der Universität Wien sowie am Naturhistorischen Museum Wien und Expertin unter anderem für Kamelhalsfliegen. „Sie zeigen auch, dass es zwischen unterschiedlichen Kamelhalsfliegenarten nach dem Asteroiden-Einschlag vermutlich noch zu genetischem Austausch gekommen ist, denn die Genome der einzelnen Arten sind nicht komplett nach ihrer eigentlichen Verwandtschaft ‚sortiert‘. Unsere Ergebnisse sind ein großer Fortschritt für die Erforschung der Kamelhalsfliegen, sie zeigen aber auch, dass wir noch viel Forschungsarbeit vor uns haben, bis wir die Abstammung in dieser uralten Insektengruppe wirklich verstanden haben werden“, erläutert Aspöck.